Lieber Apfel, ich mach' es wieder gut.

Ich durfte neulich ein Kurzreferat zum Thema Äpfel halten. Jetzt möchte ich beichten.

Bei der Recherche zum Thema ist mir nämlich etwas aufgefallen. Jetzt, da es mir bewusst wurde, ist es mir sogar ein wenig peinlich. Und doch habe ich mich entschlossen, es zu verraten. Um zu vermeiden, dass es Euch genauso geht:

 

Ich habe ihn vernachlässigt, den guten alten Apfel.

Und das, obwohl er seit frühester Kindheit für mich da ist. Geriebener Apfel tut dem Magen wohl. Apfelmus isst sich hervorragend, wenn man noch keine Zähne hat. Ich erinnere mich auch gern an Apfelsaft. Apfelkompott. Apfelkuchen. Manch herzhaftdumpfes Gericht wird durch ihn erst zum augewogenen Gaumenkitzel. Wie Himmel un Ääd oder Leber mit Kartoffelstampf und Zwiebeln. Auch im Sud eines saftigen ofengegarten Stückes Schwein darf er nicht fehlen. 

Er ist sehr genügsam, der Apfel und wenig wählerisch. Ja, unprätentiös geradezu. Versteht er sich doch mit dem anspruchsvollen Kuchen, dem aufbrausenden Speck und dem geduldigen Kürbis gleichermaßen wie mit Vanille und Zimt oder Fenchelsaat und Kümmel.

Ich gelobe Besserung und widme von nun an und mit großer Vorfreude etwas mehr Zeit dem Apfel. Gleich gestern habe ich angefangen: Es gab Hähnchen im Gemüse-Apfelsud.*

Das Fotografieren nach dem Zubereiten habe ich leider vergessen, da ich etwas dusselig war vom würzigen Duft und der knuspernden Haut, die mir da aus dem Ofen entgegenjubelten. Und der Sud erst, ich sag's Euch. Süße und Säure wippten in fröhlicher Eintracht - eine wahre Freude, was der kleine Apfel da vollbracht hatte.

 

Für mein Hähnchen habe ich einen ganz bestimmten Apfel genommen. Einen Winterapfel, genauer gesagt den Topaz. Natürlich funktioniert das auch mit vielen anderen Äpfeln. In jedem Fall sollte es einer sein mit ordentlich Süße im Rucksack. Denn Säure hat auch der Weißwein schon mitgebracht.

 

Dazu gab es Kartoffeln und Rahmkohlrabi. Noch so ein vernachlässigter Kindheitsfreund. Aber das wäre eine neue Geschichte. 

 

Etwas Apfelgeschichte

 

Es wird vermutet, dass es weltweit über 30.000 Apfesorten gibt. Doch gerade einmal 25 werden im Erwerbsobstbau kultiviert und nur sieben davon landen regelmäßig in den Supermärkten.

 

In den 70er Jahren wurden hochstämmige alte Apfelsorten zugunsten niedrigwachsender Spalierobstbäume gerodet. Leichtere Ernte, mehr Ertrag. Die strenge EU-Standadisierung gab den Rest dazu: Größe, Farbe, Blütenansatz und sogar Stielbeschaffenheit wurden streng reglementiert, damit man auch ja genau den Apfel, an den man sich gewöhnt hatte, auch immer und überall bekam.

Glücklicherweise tauchen langsam einige der alten Apfelsorten hier und da wieder auf Märkten auf. Wenn Euch welche begegnen, schlagt zu. Kauft von jeder Sorte einen und probiert Euch einmal durch. Es macht einen Riesenspaß. Was waren das noch für Zeiten, in denen Äpfel solch wunderbar klingende Namen hatten:

 

Aprilschöner, Batullenapfel, Finkenwerder Herbstprinz, Berliner Schlotterapfel, Schafsnase, Winterstreifling oder Himmelhahn.

 

Doch vor einer Sorte gruselt es mir. Immer, wenn die Dämmerung um die Häuser schleicht:

Es existiert eine rotschalige Mutante Roba.

 

 

* Hier kommt in aller Kürze das Rezept:

Hähnchenkeulen am Gelenk teilen und mit etwas Olivenöl, Paprika, Salz und Pfeffer einreiben. In einen Bräter grob zerteilte Zwiebel, Karotte und Apfel geben. Außerdem Petersilienstiele, Fenchelsaat, ein Lorbeerblatt Salz und Pfeffer. Dazu ein großes Glas Weißwein, etwas Wasser und ab in den Ofen, vorgeheizt auf 200°C.


Die fertig gegarten Hühnerkeulen vom Gemüse heben und wieder in den Ofen stellen. Den Sud duch ein Sieb gießen, reduzieren, mit einer Prise Zucker, Salz und Pfeffer abschmecken und kurz vorm Servieren ein eisgekühltes Stückchen Butter langsam kreiselnd hinenschwenken...   

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Kommentare: 4
  • #1

    Mel. (Freitag, 17 Januar 2014 15:04)

    Ohhh. Wie schön!

  • #2

    ellikocht (Freitag, 17 Januar 2014 15:19)

    Danke, Mel. Eine alte Liebe ist hier neu entflammt…

  • #3

    Silver (Mittwoch, 22 Januar 2014 22:05)

    "Ich habe ihn vernachlässigt, den guten alten Apfel." spricht mir aus der Seele! Und das Rezept hier habe ich gleich am letzten Wochenende nachgekocht. Sehr lecker! :-)

  • #4

    ellikocht (Donnerstag, 23 Januar 2014 20:51)

    Das freut mich, Silver - lass mich wissen, was Du noch spannendes mit den Äpfeln anstellst :)

    Guten Appetit!