Der Höhepunkt einer Italienreise. Oder Kochen mit Guido und Tiziana Teil IV

Fortsetzung von Teil III:


Wirklich gute Pizza macht wahrhaftig glücklich. Habe ich unlängst über Nudeln behauptet? Sei's drum. Gilt auch für Pizza. 

 

Doch was macht gute Pizza wirklich gut? Was oben drauf liegt, ist Geschmackssache. Auf den Teig kommt's an. Es gibt unendlich viele Faktoren, die beachtet werden wollen: Mehltyp, Hefemenge, Wassertemperatur, Knetzeit, Salzmenge, Zeit und Temperatur beim Gehenlassen. Jeder Pizzaiolo schwört drauf, dass sein Rezept - und NUR sein Rezept wirklich gut ist. Ich glaube, es kommt auf etwas anderes an:

 

Pizza braucht Liebe. 

 

Und einen verdammt heißen Ofen - das Original aus Neapel wandert bei fast 500°C für wenige Minuten in den Ofen. Guido Senior haben neben Amore und einem heißen Ofen eine schattige Terasse, auf der wir den Teig zubereiten. "Senza Pietà" - ohne Mitleid sollen wir ihn kneten. Wie lange? Bis er geschmeidig ist. 

Jetzt ruht der Teig im Schatten. Ich mache Pause mit Tequila. Tequila hat ein Auge auf alles, was im La Celestina vorgeht. Wir haben die gleiche Haarfarbe und uns vom ersten Moment an blendend verstanden. Ein paar Zentimeter weiter brennt die Sonne unerbittlich. Es ist, als wolle sie herausfinden, bei welcher Temperatur trockene Piniennadeln anfangen zu kokeln.

Als Guido Senior den Teig für ausreichend ausgeruht erklärt, geht es weiter. Mit seinen großen schwieligen Händen formt er den Teig zu kleinen Kugeln, die er mit geübtem Griff in hauchdünne Teigfladen verwandelt. Einer wird zur klassischen Margherita: Tomatensugo, Mozzarella, Basilikum, Olivenöl, etwas Salz.

Zwei weitere Teigfladen werden mit Straccchino belegt, einem rund ums Piemont beliebten Käse, dem Mozzarella ähnlich. Er ist samtigweich, wird sehr jung gegessen und hat ein würziges Aroma. Ich mag die Geschichte des Namens: Er kommt von "stracca", das bedeutet "müde". Man sagt, die Milch der Kühe, die im Herbst müde von den alpinen Weiden zurückkehren, sei reicher im Geschmack. 

 

Weitere Teigstücke formt Guido Senior zu Kugeln, nachdem er Rosmarin oder gezupften Salbei eingearbeitet hat. Diese Kugeln werden in Blechpfannen mit den Fingern in Form gebracht. So, dass an der Oberfläche kleine Mulden entstehen. Diese Mulden werden mit goldenem Olivenöl gefüllt. Obenauf grobes Meersalz.

 

Ich habe noch meine nächtlichen Worte nach der gestrigen Pastaschlacht im Ohr: Niiieee wieder kann ich etwas essen. Doch als jetzt der Ofen die aus Teig geformten Kunstücke auf unseren Tisch entlässt, kann ich es kaum abwarten, bis alle sitzen. Essen will ich das! Jetzt! Alles! Pizza Margherita, Focacchia col formaggio, klassische Focacchia mit Salbei und Rosmarin. Dazu Coppa, Wildschweinsalami, luftgetrockneten Schinken. 

 

Traditionell isst man Pizza gern "a libro" - als Buch. Doppelt gefaltet zu einem Dreieck. Ich mag es nicht so vielschichtig, außerdem habe ich es eilig. Ich verzichte auf das Zusammenfalten des Frollein Margherita und beiße hinein. Essen ohne Besteck ist das Größte. Nichts steht zwischen Dir und Deiner Pizza. Zarte Knusprigbraune Teigblasen knacken unter den Fingerkuppen, der Käse zieht ein feines Gespinst aus Fäden, ein Tropfen würzige Tomatensugo läuft über das Kinn...

An den Rest kann ich mich nicht erinnern. Aber glücklich hat es mich gemacht. Oh ja! 

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