Der Höhepunkt einer Italienreise. Oder Kochen mit Guido und Tiziana Teil II

Fortsetzung von Teil I:

Nach dem, was Küchenchef Guido am Vorabend in seiner Küche veranstaltet hat, kann ich es kaum erwarten, ihm drei ganze Tage lang über die Schulter schauen zu dürfen. 

 

Mir fällt auf: Ich habe schon viele Kochkurse geben dürfen, aber noch nie habe ich selber an einem teilgenommen. Ich binde mir die schwarze Schürze um. Soll draußen doch die Sonne scheinen - ich finde hier mein Glück: glatte kühle Edelstahltische, ein imposanter Gasherd, eine alte Waage so groß wie ein kleines Auto, abgewetzte Messer so lang wie mein Bein.

Wir sind zu viert:

- Guido, der Küchenchef

- Guido, sein Namensvetter, der Fanzösische Kochschüler

- Der Liebste

- Ich

 

(Von jetzt an Teile ich die Guidos auf in Guido Senior und Guido Junior.)

 

Mein Kopf ruhte noch auf dem Kissen, da war Guido Senior bereits auf dem Markt in Savona. Miesmuscheln hat der mitgebracht. Zucchiniblüten und Mangold hat er hinterm Haus gepflückt. Mit diesen Zutaten beschäftigen wir uns heute...

 

 

I FIORI DI ZUCCA

(Zucchiniblüten in knusprigem Teig ausfrittiert)

 

Den Teig rührt Guido Senior routiniert aus Mehl, klirrendkaltem Mineralwasser, Salz und - un poco di Olio. Dann muss er eine halbe Stunde stehen.

 

Wir befreien Zucchiniblüten von den Stempeln und zupfen sie in Streifen. Auf dem Gasherd steht eine alte Pfanne mit heißem Öl. Guido Senior zeigt uns, wie man die Blütenstreifen mit zwei Esslöffeln und etwas Übung halbwegs erfolgreich durch den Fäden ziehenden Teig schlotzt. Vom Löffel lassen wir sie unter seinem strengen Blick ins Öl gleiten - stets um Perfektion bemüht. Im Öl dürfen die Blüten tanzen, bis sie goldbraun sind.

 

Guido Junior fragt nach Salbei - den könne man doch auch... - oder? "Si, certo." Nickend verschwindet Guido Senior durch die Hintertür im Garten und kehrt mit Salbei zurück. Die einzelnen Blätter werden kurz durch den Teig gezogen und ebenfalls goldbraun frittiert. Guido Junior strahlt. Mir läuft vor lauter Glück das Wasser im Mund zusammen.

Guido Senior klatscht in die großen schwieligen Hände. "Riposare!" - ausruhen! Wir tun wie befohlen, verlassen die Küche und setzen uns unter die große Pinie in den Schatten. Die knusprigen Fiori müssen frisch genossen werden. Dazu gibt es Geschichten von Tiziana und einen fantastisch kühlen Langhe Arneis, den Guido Senior für uns ausgesucht hat.

 

II TORTA PASQUALINA
(Saftiger Mangold mit Ricotta umhüllt von knusprigem Teig)

 

Ein dunkelgrüner Berg quietschfrischer Mangold liegt tropfnass im großen Alusieb. Guido Senior gibt ihn mit etwas Salz in einen Topf. Deckel drauf. 5 Minuten warten. Dann wird der Mangold abgeschreckt und gehackt. Dazu kommen Ricotta, Eier, geriebener Parmesan, etwas Knoblauch, Petersilie, frischer Majoran, Salz und Pfeffer.

 

Der mit viel Liebe geschmeidig geknetete Teig besteht aus ein paar wenigen Zutaten: Mehl, Salz, kaltes Wasser und Olio. Jetzt muss er ruhen. "Semplicissimo, no?" - ganz einfach. (Heimlich denke ich, Guido Seniors gigantisches Küchenbrett, auf dem er alle Teige zubereitet, muss das wahre Geheimnis sein).

 

Dann das Finale: Guido Senior rollt, zieht, wirbelt den Teig mit mehligen Händen bis er hauchdünn ist. Eine Schicht unten in die gefettete Form, Füllung drauf, eine weitere Schicht Teig obenauf. Diese wird mit Ei eingepinselt, darauf kommt eine zweite Lage, die er ebenfalls mit Ei einpinselt. Die Torta wandert in den Ofen, bis sie goldbraun gebacken ist.


Als Guido Senior den Ofen öffnet, um uns das Ergbnis zu präsentieren, verstehe ich die doppelte Teigschicht: Sie hat Blasen geschlagen, die sich später beim Servieren tuffig wie ein Tutu (sprich Tütü) gen Himmel strecken. Himmlisch ist auch der Geschmack... 

 

III MUSCOLI AL FORNO

(Miesmuscheln im Ofen knusprig überbacken)

 

Wir säubern die frischen Miesmuscheln und waschen sie gründlich. Geöffnete Exemplare sortieren wir aus, wenn sie sich auf Klopfzeichen nicht schließen.

 

Mit einer gewürfelten, glasig gedünsteten Zwiebel, etwas Knoblauch und Weißwein kommen die Muscheln in einen großen Topf. Deckel drauf, einmal gut durchschütteln, ein paar Minuten köcheln lassen, bis sie sich öffnen, fertig. 

 

Aus eingeweichtem altbackenen Brot, Parmesan, Kräutern und Knoblauch wird die Füllung geknetet und mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt. Die gekochten Miesmuscheln werden von den leeren Schalenhälften befreit, auf ein Blech gelegt und mit der Füllung bedeckt.

Zum Abendessen wandern sie für ein paar Minuten in den Ofen, bis sie knusprig braun sind. Ein Glas Rotwein dazu - Glückseligkeit liegt flirrend über dem Tisch...

Fortsetzung folgt...

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